Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

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Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.
(Wolfgang Menzel)


28. März 2024


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ADRENALIN

Manche Leute sind von der unstillbaren Begierde durchdrungen, ihrem Leben oder zumindest ihrer Gesundheit ein rasches und spannendes Ende zu bereiten. Die Supermänner des 20. Jahrhunderts hüpfen - natürlich mit Fallschirmen - von einer Klippe oder springen über dem Südpol aus einem Flugzeug. Andere wiederum stürmen mit Spezialgeräten einen Gebirgsbach hinunter oder springen mit Gummibändern an den Beinen von Brücken oder Staumauern. Diese Tapferkeit vor den feindlichen Naturgesetzen bedarf natürlich einer Begründung, und diese ist immer die gleiche. Man müsse eben diesen Kick, diesen unvergleichlichen Adrenalinschub haben, heißt es. Andere philosophieren von Grenzerfahrungen und ähnlichem, aber das Destillat der Supermanngesellschaft ist und bleibt das Hormon Adrenalin.

Das Adrenalin (lateinisch: Ren = Niere) wird in den Nebennieren produziert. Diese sind kleine Drüsen, die auf der Niere aufsitzen. (Adrenalin bedeutet "bei der Niere" liegend). 1855 hatte man erstmals von diesen Drüsen gehört, als der britische Arzt Thomas Addison zeigte, daß eine Erkrankung der Nebennierenrinde zu schrecklichen Symptomen führt. Bis heute spricht man von der "Addison-Krankheit". Zu den Kennzeichen zählen eine Störung des Mineral-, Wasser und Säurehaushaltes, Kohlenhydrat-Störungen, niedriger Blutzucker und vieles mehr. Die Patienten fühlen sich müde und schwach, es treten Hautverfärbungen, Herzrhythmusstörungen und Muskelkrämpfe auf.

Der britische Physiologe Edward Albert Sharpey-Schafer entdeckte, daß eine in den Nebennieren gebildete Substanz den Blutdruck eines Versuchstieres erhöht, wenn man dieses Sekret injiziert. Diese Eigenschaft erschien so bemerkenswert, daß der amerikanische Pharmakologe John Jacob Abel die von Schafer untersuchte Substanz isolierte und wissenschaftlich genauer überprüfte. 1898 nannte Abel den von Sharpey-Schafer untersuchten Stoff "Epinephrin" (griechisch: über der Niere liegend). Erst einige Jahre später erhielt das Epinephrin die weitere Bezeichnung Adrenalin. Beide Namen bezeichnen im wesentlichen das gleiche und sind heute noch gebräuchlich. Weitere Namen sind u.a. Suprarenin und Vasotonin.

Adrenalin wird durch einen streßbedingetn Nervenimpuls ausgeschüttet. Es wirkt sofort auf den sogenannten Sympathicus, einem Teil des autonomen Nervensystems. Die Pulsfrequenz steigt, der Blutdruck steigt und damit auch das Herzminutenvolumen. Die Pupillen erweitern sich, die Bronchien dehnen sich aus, und der Energieumsatz steigt durch höheren Sauerstoffverbrauch.

Das vor hundert Jahren isolierte Adrenalin war sowohl das erste entdeckte als auch das erste künstlich synthetisierte Hormon (1904). Heute ist es unentbehrlich, sowohl für die Medizin als auch für die modernen Supermänner.

Der Blutdruck
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Milchsäure im Obrschenkel
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© 1998 Rudolf Öller, Bregenz


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(1821-1894)
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Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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