Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2004

Die menschliche Freiheit besteht lediglich darin, dass sich die Menschen ihres Wollens bewußt und der Ursachen, von denen sie bestimmt werden, unbewußt sind.
(Baruch de Spinoza)


29. März 2024


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VALIUM

Stressbedingte Angstzustände und Schlafstörungen entwickelten sich im Laufe der letzten Jahrzehnte in den Industrienationen zu Volkskrankheiten. Die „Benzodiazepine“ rückten dabei als Kurzzeittherapie in den Mittelpunkt des Interesses und verdrängten teilweise die Barbiturate als klassische Beruhigungs- und Schlafmittel. Die Entwicklung begann 1960 mit Chlordiazepoxid (Librium®). Während dieser Zeit nahmen die klinischen Anwendungen, leider aber auch der Missbrauch, dramatisch zu. Erst im Laufe der Jahre erkannte man nach und nach die Grenzen der Anwendung, die Nebenwirkungen und das Missbrauchspotential.

Die zweite Benzodiazepinphase begann 1977 mit dem Nachweis, dass sich Diazepam (Valium®) an eine ganz bestimmte Gruppe von Zellrezeptoren im Gehirn bindet. Dies hat dazu geführt, dass man die Wirkung dieser Medikamente heute besser versteht als zuvor.

Der Nervenbotenstoff GABA (Gamma-Aminobuttersäure) hemmt im menschlichen Gehirn die Erregbarkeit, indem er sich an die GABA-Rezeptoren bindet und den Ionenfluss verändert. Unmittelbar neben dem GABA-Rezeptor sitzen die Benzodiazepin- und die Barbiturat-Bindungsstellen. Die Situation wird verkompliziert durch die Tatsache, dass es verschiedene Rezeptortypen gibt, deren Funktionen und Wechselwirkungen erst nach und nach aufgedeckt wurden. So kann man auch einen Gegenspieler von Valium (Anexate®) verabreichen, der an den Rezeptoren andockt, wenn Valium® überdosiert wurde. In diesem Fall kann es zu akuten Angstzuständen kommen.

Ungeklärt ist die Frage, warum die Natur diese Rezeptoren entwickelt hat. Es kann kein Zufall sein, dass wir Menschen mit derart komplizierten Rezeptorstellen im Gehirn ausgestattet sind. Die Suche nach körpereigenen Drogen, die den Benzodiazepinen entsprechen, war bisher allerdings erfolglos.

Bei regelmäßigem Benzodiazepinkonsum besteht die Gefahr einer psychischen und körperlichen Abhängigkeit, wobei verschiedene Symptome auftreten können: Schwindelgefühle, Bewegungs- und Gangunsicherheit (Torkeln), Muskelschwäche, Verwirrtheit, akute Erregungszustände, gesteigerte Aggressivität bis hin zu unkontrollierten Wutanfällen, Sehstörungen, Erinnerungslücken und Depressionen. Bei Entzug sind Schlaflosigkeit, Angstzustände, Erbrechen, Zittern, Schwitzen, Krämpfe und Psychosen zu beobachten.

Bekannteste Vertreter der Benzodiazepine sind neben Valium® auch Rohypnol®, Dormicum® und andere. Die Wirkstoffgruppe ist rezeptpflichtig und gehört zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten überhaupt.

Sommerserie 2004: Drogen
nature

© 2004 Rudolf Öller, Bregenz


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(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
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"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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