Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2004

Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.
(Wolfgang Menzel)


28. März 2024


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LOKALE ETHIK - GLOBALE WISSENSCHAFT

Vor einigen Wochen war ein interessanter Bericht in österreichischen Medien zu lesen. Unterschiedliche Gesetzgebungen in den europäischen Ländern, so hieß es, verursachen einen regelrechten „Reproduktionsmedizin-Tourimus“. „Frauen gehen dahin, wo ihr Wunsch nach einem (Retorten-)Baby erfüllt werden kann“, so ein prominenter Bregenzer Arzt für Reproduktionsmedizin.

Diese Meldung bedeutet nichts anderes, als dass Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch aus Ländern mit einschränkender Gesetzgebung in Länder mit liberaler Gesetzgebung ausweichen. Als es noch keine Fristenlösung gab, fuhren Frauen, die abtreiben wollten, in benachbarte Staaten, in denen das möglich war. Künstliche Befruchtungen konnte man in Ländern, wie etwa in der Schweiz, durchführen lassen, als dies in Österreich weder üblich noch bekannt war. Wie viele Schweizer Kinder auf diese Weise in Österreich und Deutschland gezeugt wurden, weiß niemand.

Vor einigen Jahren musste sich eine damals 25-jährige Belgierin einer Chemotherapie unterziehen. Ärzte hatten zuvor Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Eine Chemotherapie kann bei jungen Patientinnen zur Unfruchtbarkeit führen, da bei ihnen nach der Behandlung die Menopause verfrüht einsetzt. Deshalb entnahmen Mediziner der Frau vor Beginn der Behandlung Gewebe aus den Eierstöcken und lagerten es tiefgekühlt. Vor zwei Jahren setzte ein Ärzteteam das Gewebe wieder ein. Elf Monate später soll die Frau auf natürlichem Wege schwanger geworden sein, berichtet das medizinische Fachmagazin "Lancet" in Ausgabe 364. Vor wenigen Monaten brachte die Frau ein gesundes Mädchen zur Welt. Dies bestärkt die Hoffnung auf Eierstocktransplantation bei unfruchtbaren Frauen. Machbare Medizin sprengt die Grenzen der Ethik.

Die Stammzellenforschung, von der sich Genetiker und Mediziner einiges erwarten, hält Philosophen und Theologen insofern auf Trab als die genetisch mächtigen embryonalen Stammzellen aus jungen menschlichen Embryonen gewonnen werden. Während in einigen europäischen Ländern über diesbezügliche ethische Fragen diskutiert wird, werden embryonale menschliche Stammzellen an der Universität von Wisconsin, am Rambam Medical Center in Haifa oder an der Universität von Singapur längst in großen Mengen produziert.

Was die Wissenschaft kann, wird durchgeführt, denn Wissenschaft ist globalisiert und somit grenzenlos geworden. Ethische Fragen beschränken sich auf lokale kulturelle und religiöse Gepflogenheiten. Wissenschaftliche Methoden werden daher dort angewendet, wo keine lokale Ethik sich den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen entgegen stellt.

Diabolus in scientia
Retortentechnik
Epsilonklasse
Ethik
Bild der Wissenschaft

© 2004 Rudolf Öller, Bregenz


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Helden der Wissenschaft:
Hermann von Helmholtz
(1821-1894)
war Arzt, Physiologe, Physiker, Philosoph, kurzum ein Universalgelehrter, wie es ihn heute nicht mehr gibt. Er war in der Medizin, in der Physik und in der Biologie zu Hause. Respekt!

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

Das Buch ist bei Amazon, bei anderen Online-Händlern, beim Verlag und auch im Buchhandel erhältlich.

Interview zum Buch