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25. April 2024


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DIE PHYSIK DES MONSTERS


„Ein Proton und ein Antiproton vernichten sich im Teilchenbeschleuniger. … Berechnen Sie die Energie und die Wellenlänge der dabei entstehenden Photonen!“ Diese Rechenaufgabe findet man in einem Lehrbuch für allgemeine Physik aus dem Jahr 1994. Die grundlegenden Vorgänge in einem Teilchenbeschleuniger sind also bekannt und zählen längst zum Wissenstand in der Physik. Teilchenbeschleuniger gibt es schon lange. Eines der älteren Modelle, das Zyklotron, existiert seit den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts. Es ist so konstruiert, dass sich Teilchen auf einer spiralförmigen Bahn bewegen. Zyklotrone werden heute zur Erzeugung von medizinisch benötigten Radionukliden und zur Krebstherapie eingesetzt.

In einem Synchroton bewegen sich die Teilchen auf einer Kreisbahn und erreichen beinahe Lichtgeschwindigkeit. Laut Einsteins Relativitätstheorie, die hier zur Anwendung kommt, kann die Lichtgeschwindigkeit nicht überschritten werden, dafür werden die Teilchen schwerer. Bildlich gesprochen mutieren die kleinen Partikel bei hohem Tempo zu Pflastersteinen, und hier liegt das erste technische Problem. Die schweren Teilchen benötigen enorme Magnete, um in einer Kreisbahn gehalten zu werden. Das schaffen nur tiefgekühlte supraleitende Spulen, darum muss ein leistungsstarker Teilchenbeschleuniger tief abgekühlt werden.

Eine weitere Schwierigkeit liegt in der Natur der Kreisbahn. Alles, was sich im Kreis bewegt, zählt zu den beschleunigten Bewegungen. Beschleunigte elektrische Teilchen senden Strahlen aus und verlieren dadurch Energie. Je enger die Kurve, desto größer der Energieverlust. Man baut die Teilchenbeschleuniger daher so groß wie möglich, um die Kurvenkrümmung klein zu halten. Der LHC bei CERN ist mit seinen über 27 Kilometern Umfang die größte dieser Maschinen, somit kann der Energieverlust begrenzt werden.

Das anfangs erwähnte Rechenbeispiel ergibt übrigens eine Energie von 938 Mega-Elektronenvolt, und eine Wellenlänge der Strahlung von 1,3 * 10-15 Metern. Diese extrem kurzwellige Strahlung ist energiereich und gefährlich, folglich müssen die Detektoren der Teilchenbeschleuniger von meterdicken Stahl- und Betonwänden abgeschirmt werden.

Die Frage, wozu der Bau solch teurer Monstermaschinen nötig ist, ist übrig. Es handelt sich um Grundlagenforschung über den Aufbau der Materie, wobei man nicht voraussagen kann, welche Ergebnisse man bekommen wird. Andernfalls könnte man sich die Sache ja ersparen. Die in den nächsten Jahren erzielten Resultate werden unser Wissen über die Struktur und die Entstehung der Materie im Universum erweitern, und das lohnt den Aufwand.




© 2008 Rudolf Öller, Bregenz


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