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29. März 2024


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NOBELPREISE 2020: CHEMIE


Der diesjährige Nobelpreis für Chemie geht an zwei Genetikerinnen und Biochemikerinnen. Die Französin Emmanuelle Charpentier und die US-Amerikanerin Jennifer Doudna haben ein mächtiges Werkzeug der Gentechnik entwickelt: CRISPR/Cas9. Der Mechanismus zur gezielten Manipulation der Erbmasse DNA ist hocheffizient und vielversprechend. Manche Kommentatoren verwendeten auch das Wort „umstritten“, aber das gehört zum üblichen Wortschatz der Gegner der Gentechnik.

CRISPR/Cas9, mit der DNA von Organismen gezielt zerschnitten und neu zusammengebaut werden kann, hat sich seit ihrer Entdeckung 2012 als zentrales Werkzeug für Genforscher weltweit herausgestellt. Charpentier und Doudna „haben mit ihrer Entdeckung eine neue Epoche in den Lebenswissenschaften eingeläutet, die zum Wohle der Menschheit beitragen wird“ – so das Nobelpreiskomitee.

CRISPR ist die Abkürzung für „Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats“. Es handelt sich um wiederholende DNA-Abschnitte („Repeats“), die im Erbgut vieler Bakterien auftreten. Sie dienen einem Abwehrmechanismus, dem CRISPR/Cas-System, der einen Widerstand gegen das Eindringen fremden Erbguts durch Viren bewirkt. Sie sind somit ein Teil des Immunsystems vieler Bakterien. Cas ist ein Protein und bedeutet „CRISPR-associated“. 9 ist eine fortlaufende Nummer.

Perlenkette

Die Funktionsweise von CRISPR/Cas9 sei an einem Beispiel erklärt. Wir betrachten eine DNA-Modellkette mit roten, gelben, grünen und blauen Perlen. Seit Beginn der Gentechnik stehen viele Genscheren zur Verfügung, die beispielsweise die Reihenfolgen rot-gelb-rot, nach rot-gelb oder blau-blau-grün nach blau-blau schneiden können. Die Kettenbruchstücke mussten sortiert, anders geschnitten und wieder sortiert werden. Die Vorgänge wurden wiederholt, bis die ganze Kette bekannt war. Das Einfügen fremder DNA in eine offene Stelle war noch komplizierter. Die Gentechniker hatten Standardscheren zur Verfügung. Was fehlte, war eine programmierbare Schere für jede gewünschte Stelle. Genau das ist nun CRISPR/Cas9. DNA-Stücke können gezielt geschnitten, gelöscht oder durch andere Genabschnitte ersetzt werden. Die gentechnischen Möglichkeiten, die CRISPR/Cas9 eröffnen, sind noch gar nicht absehbar.

Gastprofessorin

Frau Charpentier arbeitete ab 2002 an den Max Perutz-Laboratorien der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, wo sie zunächst als Gastprofessorin, ab 2006 als „Associate Professor“ angestellt war. Österreich hätte die technischen Voraussetzungen, um Nobelpreise zu holen, doch die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung hat bei uns immer noch einen niedrigen Stellenwert.



© 2020 Rudolf Öller, Bregenz  [/2020/roe_2044]


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Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
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"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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